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BERLIN

Martin Neumaier
My name is Martin Neumaier

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Duration: 6.7. – 29.9.24
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Exhibition view

Wenn man die Kunst als etwas versteht, das mit stofflichen Mitteln schöpferische Wandlungen vollzieht, die andere Welten aufscheinen lassen und metaphysische Erkenntnisse ermöglichen, dann rückt die Kunst in die Nähe der Alchemie. Es gibt nicht wenige Künstler, die sich in ihrem Schaffen als Alchemisten fühlen oder als solche bezeichnet werden, zumeist, wenn sie mit chemischen Substanzen umgehen und dabei unvorhergesehene Ergebnisse herbeiführen. 

Bei Martin Neumaier ist der experimentelle Einsatz von Stoffen schon lange Teil seiner künstlerischen Arbeit. So gehen die rotfleckigen Einfärbungen früherer Bilder auf überflüssige Spucke zurück, die sich beim Kauen der Betelnuss mit bestimmten Beigaben bildet. 

Für seine neuesten Arbeiten wählt der Künstler ein ungewöhnliches Material als Bildgrund. Es handelt sich um kleinformatige Messingplatten, die – je nachdem, ob sie vom Künstler geschliffen oder poliert werden – eine matte bis hochglänzende Oberfläche aufweisen. Auf diesen makellosen Flächen breiten sich dunkle Flecken aus, die zwischen Grau und Braun changieren, sich teilweise überlagern, ausfransen oder ausdünnen. Ihr Aussehen differiert zwischen groben Brandflecken und feinstofflichen Nebelschwaden und ist im Zusammenspiel mit dem Messinggrund stark vom Lichteinfall beeinflusst. Hervorgerufen werden die Flecken durch das Auftragen von Phosphorsäure und Kupfersulfat; hochgiftige, ätzende Stoffe, deren prozesshafte Reaktionen auf den Messingplatten durch Zugabe von Wasser gestoppt werden.  

Vor diese abstrakte Welt sind fotografische Abbildungen konkreter Dinge gesetzt. Sie entstammen zum großen Teil Bildbänden zu Voodoo oder Astronomie. Über einer Voodoo-Puppe schwebt eine Konstruktion aus Monden und Necker-Würfeln, in einer anderen Arbeit türmt ein sterbender Stern auf einer Stele. Die Fotoausschnitte erhalten in diesen Collagen eine merkwürdige flache Präsenz und bewirken eine umso größere Tiefenwirkung des abstrakten Umraums. Die Abstraktion mutiert zur dinglichen Welt. Die dunklen Flecken vor güldenem Grund generieren sich zu Gebirgen oder Rauch, die eine große, eher dunkle Macht verkörpern zu scheinen.

Der Gott des Voodoo heißt Bondyè (Guter Gott). Seine Vermittler sind die Loas, darunter die besonnenen Geisterwesen Radas und die zerstörerischen Petros. Letztere werden für gewaltige Veränderungsprozesse angerufen. Der umfassendste Veränderungsprozess ist wohl das Sterben – und die Wiedergeburt, die Teil der Voodoo-Religion ist.

In der Ausstellung My name is Martin Neumaier erbaut der Künstler einen Altar mit Bestandteilen aus seinem Oeuvre: hohe weiße Quader, eine globusartige glänzende Kugel und speerähnliche Metallstäbe…

Man darf nach einer längeren Ausstellungspause und gewandeltem Werk wohl auch an die Wiedergeburt des Künstlers denken. Und an die großen Kräfte, die es braucht, um Kunst zu schaffen.

Cora Waschke
Berlin 2024


Galerie Berlin
Schweidnitzer Str 17
10709 Berlin